„Ich kann Partys nicht ausstehen“

Montagmorgen. Um 11.40 Uhr klingelt das Telefon in Zimmer 518 des Nürnberger Sheraton Hotels. Ian Gillan hebt ab. Es ist Interviewtag für den Sänger von Deep Purple. Im Gespräch mit 16 VOR erzählt er, dass er sich schon sehr darauf freut, am Abend mit Freunden essen zu gehen.

16 VOR: Guten Morgen, Herr Gillan. Bietet das Sheraton Englisches Frühstück an?

Ian Gillan: (lacht) Ich hatte Kaffee, Käse und Rühreier.

16 VOR: Wie viele Interviews haben Sie in den vergangenen 22 Jahren gegeben, ohne nach Ritchie Blackmore gefragt worden zu sein?

Gillan: Ohne danach gefragt zu werden? Seit fünf oder sechs Jahren werde ich nicht mehr nach ihm gefragt. Die Leute sind auch genervt davon. Abgesehen davon kommen wir inzwischen ganz gut klar.

(Etwas gereizt) Christian, du hast so gut angefangen und jetzt …

16 VOR: Nein, nein, ich will gar nicht über Blackmore reden. Mich wundert nur, dass es auch über 20 Jahre nach seinem Ausstieg für viele immer noch ein Thema ist.

Gillan: Okay. Wir hatten länger keine Fragen mehr über ihn.

16 VOR: Kommen wir zu wichtigeren Dingen. Charlie Austin schießt gerade sehr viele Tore, aber die Abwehr ist die schwächste der Premier League. Ist es derzeit schwierig, Fan der Queens Park Ranger zu sein?

Gillan: (seufzt) Ja, ja. Der Höhepunkt war 1967, als wir in Wembley das Pokalfinale gegen West Bromwich Albion 3:2 gewonnen haben. Seitdem ist es die Hölle. Allerdings verfolge ich kaum noch Fußball. Ich stehe aber immer noch hinter QPR und habe ein Auge darauf, wie es läuft. Derzeit läuft es nicht so gut. Charlie Austin ist ein großartiger Stürmer in einer lausigen Mannschaft.

16 VOR: Wo gucken Sie am liebsten Fußball?

Gillan: Ich gucke gar keine Spiele mehr, da ich das Interesse daran verloren habe. Ich hasse Schwalben, Trikotziehen und Schauspielerei auf dem Platz. Inzwischen gucke ich Rugby. Fußball macht mich krank.

16 VOR: Da ist Rugby schon ehrlicher.

Gillan: Exakt!

16 VOR: Auf Ihrer Facebook-Seite heißt es, eine Ihrer Interessen neben der Musik seien Drinks in angenehmer Gesellschaft. Gehören auch Bandmitglieder dazu?

Gillan: Damit ist niemand Bestimmtes gemeint.

Ich habe ein faszinierendes Leben. Als ich das erste Mal um die Welt reiste, ging ich auf Besichtigungstour und sah den Grand Canyon, den Mount Fuji, das Taj Mahal, den Eiffelturm, den Kölner Dom – lauter großartige Sachen. Das zweite Mal schaute ich mir Museen und Galerien an und beim dritten Mal ging ich in alle möglichen Pubs und Restaurants. Dabei lernte ich viele Freunde in vielen Ländern kennen. Es ist toll, mit ihnen inzwischen sofort in Kontakt treten zu können. Wie heute. Ich habe einen freien Abend und kann mich mit Freunden treffen, schön unterhalten und vielleicht ein Glas Wein dabei trinken.

16 VOR: Verbringen Sie Ihre Freizeit auch mit Ihren Musikerkollegen?

Gillan: Das ist unmöglich. Steve lebt in Florida, Roger in der Schweiz, Ian Paice und Don Airey leben am anderen Ende von England. Wir sehen uns bei der Arbeit.

16 VOR: Verfolgen Sie eigentlich, was Monika Schwarz und Ralph Pondman auf Ihrer Facebook-Seite posten?

Gillan: Ich habe es noch nie gesehen. Ich schreibe altmodisch auf meiner Web-Seite. Da ich viel schreibe, kann ich es nicht auf Facebook posten.

16 VOR: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Ian Paice der einzige ist, der nie die Band verlassen hat?

Gillan: (überlegt) Hm, diese Frage hat mir noch nie einer gestellt. Ich denke, Jon wäre auch noch bei der Band, aber er ist gestorben. Ich vermute, Paice ist noch dabei, weil er nicht tot ist.

Nur Spaß. Er ist sich sehr bewusst, ein Gründungsmitglied zu sein. Eines der musikalischen Elemente, die Paice in die Band brachte, war Big Band Swing. Das ist wesentlich für die Art, wie wir Musik machen. Er ist dadurch viel wichtiger für die Band als der Rest von uns.

16 VOR: Wie ist Ihr Verhältnis zu Deutschland? Roger Glover soll gesagt haben, dass er wegen der ersten Goldenen Schallplatte und der treuen Fans eine besondere Beziehung zu Deutschland habe.

Gillan: Ich erinnere mich, als ich 1965 das erste Mal nach Deutschland kam. Ich spielte in Hamburg, Köln, Frankfurt und München und es entstanden viele Freundschaften dabei. Das verbindet mich mit Deutschland: Ich habe viele Freunde hier.

16 VOR: Wie haben Sie reagiert, als Sie erfuhren, dass das letzte Deep-Purple-Album „Now what?!“ 2013 auf Platz eins in die deutschen Charts kam?

Gillan: Das freut einen natürlich. Allerdings weiß ich nicht, wie das passieren konnte. Wir arbeiten ohne PR-Agentur. Wenn es um Vermarktung geht, sind wir die schlechteste Band der Welt. Es war also reines Glück. Wir sind sehr dankbar dafür.

16 VOR: Am 19. August werden Sie 70. Wie werden Sie den Tag begehen?

Gillan: (seufzt) Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung, wo ich dann sein werde.

16 VOR: Ein Konzert haben Sie laut Tourplan an diesem Tag jedenfalls nicht.

Gillan: (überprüft seinen Kalender) Ich schaue mal in meinen Terminplaner. Um ehrlich zu sein, ich habe noch nicht darüber nachgedacht. (Pause) Ah, ich sollte in einem Flugzeug nach Portugal sitzen. Das ist gut, denn ich kann Partys nichts ausstehen – eigene Geburtstagfeiern, die von anderen sind mir egal. Seit meiner Kindheit bin ich kein Fan von Geburtstagen. Dicke Tanten und Omas kniffen einem immer in die Backe und sagten: „Wer ist ein liebes Kind?“. Schrecklich.

Ian Gillan kommt am 20. November nach Trier. Mit Deep Purple spielt er in der Arena. Tickets gibt es hier.

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